Aktueller Fund: Der Obergermanisch-Raetische Limes
Auf der Festung Ehrenbreitstein in Koblenz sehen Sie in einer kleinen Schau unter dem Titel "Aktueller Fund: Der Obergermanisch-Raetische Limes" aktuelle Fundstücke vom Obergermanisch-Raetischen Limes in Rheinland-Pfalz. Gezeigt werden weniger Waffen und militärische Ausrüstungsgegenstände, vielmehr bilden die Exponate den Alltag der Soldaten und der Vicusbewohner am Limes ab. Ausstellungszeitraum: 19.04.2024 bis 02.02.2025
Über das Römische Reich und den Limes
Das Römische Reich war in seiner territorialen Ausdehnung einer der größten Reiche, die es je gab. In der Zeit seiner größten Ausdehnung im 2. Jh. n. Chr. umfasste es ein Gebiet, das über drei Kontinente von Schottland über Nordwest- und Osteuropa, den Nahen Osten und Nordafrika bis an die marokkanische Atlantikküste reichte. Ein ca. 7.500 km langes Grenzsystem trennte das Römische Reich von den Nachbarregionen.
Der Obergermanisch-Raetische Limes bildete einen Abschnitt dieses Grenzsystems. Er beginnt am Rhein bei Rheinbrohl (Kreis Neuwied) und verläuft auf einer Länge von 550 km quer durch die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern, wo er schließlich an der Donau nahe Hienheim (Kreis Kelheim) endet. Er ist somit das längste Bodendenkmal Europas. Zu den Besonderheiten des Obergermanisch-Raetischen Limes als archäologischem Denkmal gehört vor allem die Tatsache, dass neben einem großen Anteil an obertägig sichtbaren Elementen ein großer Teil des Limes noch immer für das bloße Auge unsichtbar in der Erde verborgen liegen.
Entwicklung des Obergermanisch-Raetischen Limes
- In der ersten Bauphase am Ende des 1. Jh. n. Chr. bestand der Limes lediglich aus einem Patrouillenweg. Am Weg entlang wurden in verschieden großen Abständen, die sich an der Geländetopographie orientierten, durch die römischen Bautrupps Wachttürme aus Holz errichtet.
- Um 120 n. Chr. errichtete man vor den Holztürmen und dem Patrouillenweg eine hölzerne, 3 m hohe Palisade. Dort, wo Handelswege die Palisade kreuzten, befanden sich Durchgänge, die von den römischen Soldaten kontrolliert wurden.
- In der dritten Bauphase (ab ca. 150 n. Chr.) wurden die Holztürme nach und nach durch Steintürme ersetzt. Die Palisade bestand weiterhin.
- Um die Wende vom 2. zum 3. Jh. n. Chr. wurde die mittlerweile teilweise baufällig gewordene Palisade in Obergermanien durch ein Wall-Graben-System verstärkt bzw. ersetzt. Der Graben war 6 – 8 m breit und bis zu 3 m tief, der Wall ca. 3 m hoch. In Raetien ersetzte man die Palisade durch eine ca. 3 m hohe Mauer.
- Der Limes bestand in seiner letzten Ausbauphase bis in die Mitte des 3. Jh. n. Chr. Im Zuge der Germaneneinfälle, die bereits um 230 n. Chr. begannen, mussten die römischen Soldaten den Limes aufgeben. In der Folge zogen sie sich wieder an Rhein und Donau zurück, die bereits vor der Errichtung des Limes als Grenzen gedient hatten.
Der Limes in Rheinland-Pfalz
Zwischen Rheinbrohl und Holzhausen an der Haide, an der Grenze zu Hessen, verlaufen heute die ersten 75 km des 550 km langen Obergermanisch-Raetischen Limes durch Rheinland-Pfalz. Auf diesem Abschnitt befanden sich in römischer Zeit elf Kleinkastelle und zehn Hilfstruppenkastelle. Die Kleinkastelle konnten zwischen 20 und 60 Soldaten beherbergen, in den Hilfstruppenkastellen waren zwischen 500 und 1000 Soldaten stationiert. Zusätzlich wurden in Abständen zwischen 300 und 1000 m auf der gesamten Strecke etwa 132 Wachttürme errichtet, um den Limes zu sichern.
Über die Ausstellung
Verschiedene Aufsteller zu Beginn der Ausstellung geben dem Besucher anhand kurzer Texte mit zahlreichen Abbildungen einen Einblick in die Themen „Obergermanisch-Raetischer Limes“, „Welterbe ‚Frontiers of the Roman Empire’“, „Bauphasen“, „moderne Untersuchungsmethoden in der Archäologie“ sowie „Forschungsgeschichte“.
Ausstellungsobjekte:
In insgesamt fünf Vitrinen werden Funde von verschiedenen Fundstellen am Limes in Rheinland-Pfalz gezeigt, die entweder auf Ausgrabungen der Direktion Landesarchäologie, Außenstelle Koblenz bei der GDKE oder von Sondengängern mit Nachforschungsgenehmigung gefunden wurden.
Die erste Vitrine auf der rechten Seite zeigt Funde von verschiedenen Fundorten am Limes, wie beispielsweise eine römische Pionieraxt (dolabra) aus Hillscheid. Diese galt als das Standardwerkzeug der römischen Bautrupps. Vom Limes bei Becheln stammt eine durchbrochene Scheibenfibel mit einer Adler-Victoria-Darstellung. Beide Objekte wurden von Sondengängern mit Nachforschungsgenehmigung gefunden. Bei einer Grabung im Vicus von Bad Ems wurden mehrere, auf den ersten Blick unscheinbare Tonfragmente gefunden, die sich bei näherer Betrachtung als Teile einer Tragödienmaske herausstellten.
Münzschatz:
Die erste Vitrine auf der linken Seite widmet sich dem Kastellstandort Marienfels. Hier fanden Sondengänger mit Nachforschungsgenehmigung einen Münzschatz aus insgesamt 70 Münzen, davon 68 aus Silber, eine aus Kupfer und eine aus Bronze. Die meisten Münzen stammen aus dem späten 1. und dem 2. Jh. n. Chr. Die kupferne Münze fällt jedoch aus der Reihe. Es handelt sich um eine Münze des Kaisers Gratian für Valentinian II., die zwischen 378 und 383 n. Chr. in Rom geprägt wurde.
In der Vitrine zum Kastell Neuwied-Niederbieber (zweite Vitrine auf der rechten Seite) findet sich neben zwei Bronzeringen auch ein Goldring mit einem blauen Quarz-Intaglio mit einer eingeschnittenen Victoria, der Personifikation des Sieges. Der Ring stammt aus einer Grabung im Jahr 2019, bei der erstmals nachgewiesen konnte, dass der Vicus von Niederbieber bis an die Wied heranreichte. Ein Silberteller sowie ein versilberter Becher aus Bronze zeugen von einem gewissen Wohlstand des ehemaligen Besitzers.
Funde des Kastells Koblenz-Niederberg:
Die zweite Vitrine auf der linken Seite präsentiert Funde des Kastells Koblenz-Niederberg. Die letzten Grabungen fanden hier in den Jahren 2003 bis 2005 statt, doch schlummerten auch zahlreiche Funde aus älteren Kampagnen im Depot, welche erstmals in einer Ausstellung gezeigt werden: Terra Sigillata-Scherben mit Stempeln von Töpfern aus Trier oder den Argonnen, eine kleine Fibel in Form einer Schuhsohle, Geschosskugeln aus Tuff oder auch die bemalten (!) Fragmente eines Lichthäuschens erwarten den Besucher.
Resümee:
Beim Gang durch die Ausstellung fällt auf, dass sich, anders als vielleicht von dem einen oder anderen erwartet, nur sehr wenige Waffen oder Ausrüstungsgegenstände unter den gezeigten Objekten befinden. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Ausrüstung der wertvollste Besitz eines Soldaten war, der nur in allergrößter Not zurückgelassen wurde.
Die präsentierten Funde bilden also weniger den militärischen Aspekt, als vielmehr den Alltag der Soldaten sowie der Vicusbewohner am Limes ab.
bis 3. November 2024: täglich 10 – 18 Uhr
ab 4. November 2024: Sa + So 11-16 Uhr
Erlebnisangebote
Sehen Sie sich gleich auch die Originalschauplätze des Limes in der Nähe von Koblenz an: www.limesstrasse.de!
Das Titelbild zeigt die Festung Ehrenbreitstein, vom Rheinufer aus gesehen. Copyright: Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz/Ulrich Pfeuffer